Die Sonne wirft lange Schatten auf die gepflasterten Straßen von Buenos Aires. In einem kleinen Café, dessen Wände mit alten Fotos und Postkarten geschmückt sind, schlägt der Herzschlag der argentinischen Hauptstadt leise. Hier, inmitten des Treibens der Stadt, treffen wir den deutschen Schriftsteller Michael M.. Während der Rauch einer Zigarette langsam in die Luft steigt und der Duft von frisch gebrühtem Kaffee unsere Sinne betört, erzählt er uns von seinem Leben im Exil.
Herr M., vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen. Ihre Entscheidung, Deutschland in den 1930er Jahren zu verlassen, war sicherlich nicht leicht. Was waren die entscheidenden Gründe für Ihre Auswanderung nach Südamerika?
Michael M.: Die Entscheidung, Deutschland zu verlassen, war eine der schwierigsten meines Lebens. Die politische Entwicklung in Deutschland unter den Nationalsozialisten war für mich und viele andere Intellektuelle unerträglich. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit, die Verfolgung Andersdenkender und die zunehmende Gewalt gegen jüdische Mitbürger machten ein Leben in Deutschland unmöglich. Ich sah keine Zukunft mehr für mich und meine Familie in diesem Land.
Welche Rolle spielten persönliche und berufliche Gründe zusätzlich zu den politischen Ereignissen?
Michael M.: Natürlich gab es auch persönliche Gründe. Als Schriftsteller war ich auf freie Meinungsäußerung angewiesen, die in Deutschland immer mehr eingeschränkt wurde. Meine Werke wurden zensiert und ich fühlte mich in meiner künstlerischen Freiheit bedroht. Zudem hatte ich jüdische Freunde und Verwandte, deren Leben durch die nationalsozialistische Politik zerstört wurde.
Wie empfanden Sie Ihre Ankunft in Südamerika?
Michael M.: Die Ankunft in meinem neuen Land war ein Schock. Alles war so fremd und anders. Die Sprache, die Sitten, das Klima – alles stellte eine Herausforderung dar. Es gab Momente der Euphorie, als ich merkte, dass ich hier in Sicherheit war. Doch die ersten Jahre waren auch von großer Einsamkeit und Verzweiflung geprägt.
Welche kulturellen Unterschiede waren für Sie am herausfordernsten?
Michael M.: Am schwierigsten war es für mich, mich an die neue Kultur anzupassen. Die Lebensweise, die Werte und die sozialen Beziehungen waren so unterschiedlich zu dem, was ich in Deutschland gewohnt war. Ich musste eine neue Identität finden und mich in eine fremde Gesellschaft integrieren.
Wie haben Sie sich in die neue Gesellschaft integriert?
Michael M.: Die Integration war ein langer und schwieriger Prozess. Ich lernte die Sprache, knüpfte Kontakte zu Einheimischen und engagierte mich in der deutschen Exilgemeinschaft. Es war wichtig für mich, meine deutsche Identität zu bewahren, aber gleichzeitig auch die neue Kultur zu akzeptieren und zu verstehen.
Welche Schwierigkeiten sind Ihnen bei der Suche nach Arbeit und einer neuen Heimat begegnet?
Michael M.: Die Suche nach Arbeit war sehr schwierig. Als Emigrant hatte ich kaum Chancen auf eine gut bezahlte Stelle. Ich musste oft unter meinen Qualifikationen arbeiten, um über die Runden zu kommen. Auch die Suche nach einer neuen Heimat war nicht einfach. Ich habe viele Orte gewechselt, bis ich schließlich einen Platz fand, an dem ich mich einigermaßen wohlfühlte.
Wie haben Sie Kontakt zu anderen deutschen Emigranten gehalten und welche Rolle spielten sie in Ihrem Leben?
Michael M.: Der Kontakt zu anderen deutschen Emigranten war für mich sehr wichtig. Wir tauschten uns über unsere Erfahrungen aus, unterstützten uns gegenseitig und halfen uns bei der Integration in die neue Gesellschaft. Die deutsche Exilgemeinschaft war für mich eine Art Ersatzfamilie.
Inwiefern haben Ihre Erfahrungen im Exil Ihre literarische Arbeit beeinflusst?
Michael M.: Das Exil hat meine literarische Arbeit tief geprägt. Die Erfahrungen der Flucht, der Trennung von der Heimat und der Integration in eine neue Gesellschaft haben mich zu neuen Themen inspiriert. In meinen Werken habe ich die Schrecken des Nationalsozialismus aufgearbeitet und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ausgedrückt.
Welche Themen haben Sie in Ihren Werken aufgegriffen, die direkt mit Ihrer Flucht und Ihrem neuen Leben verbunden sind?
Michael M.: In meinen Werken habe ich oft die Themen Heimat, Identität, Verlust und Neuanfang aufgegriffen. Ich habe versucht, die Erfahrungen der Emigration zu beschreiben und die Auswirkungen des Exils auf das Individuum darzustellen.
Wie haben Sie versucht, die deutsche Sprache und Kultur in Ihren Werken zu bewahren, während Sie in einem anderen Land lebten?
Michael M.: Es war mir wichtig, die deutsche Sprache und Kultur in meinen Werken zu bewahren. Ich habe versucht, die deutsche Sprache so rein wie möglich zu halten und mich an den klassischen deutschen Autoren zu orientieren. Gleichzeitig habe ich aber auch Elemente der neuen Kultur in meine Werke integriert und so eine neue, eigene Stimme gefunden.
Vielen Dank, Herr M., für dieses aufschlussreiche Gespräch.
Michael M.: Es war mir eine Freude. Danke.
Paul Zech
Michael M. irrt durch Buenos Aires
Roman (1985 posth). E-Book. Erste Auflage 2022.
Erschienen am 6. Dezember 2022