Unsere aktuellen Neuerscheinungen

Paul Zech: Die Vögel des Herrn Langfoot. Roman.

Stadt und Landschaft dieser Erde am Rio de la Plata waren nicht Zeuge der Geburt des Johann Peter Langfoot gewesen. Er war ungerufen nach Buenos Aires gekommen und hatte eine schwere Gedankenfracht aus. jenem Teil Europas mitgebracht, der sich seiner Meinung nach geistig und moralisch in einer völligen Auflösung befand.

Die hohen Palmen im Gelände des Hafens versuchten die immer noch nachklingende Erregung Johann Peters wieder zu glätten. Sie pochten sehr deutlich auf ihren tropischen Ursprung, obwohl sie von eisigem Regenwind arg zerrupft waren. Hinter dem Behang, der einem großen Reiserbesen glich und es doch nicht fertigbrachte, den schwarzen Unrat der Wolken wegzukehren, machte sich die Stadt auf eine nicht gerade angenehme Art bemerkbar. Sie gab ihm die hier übliche Geschäftsmarke »Gringo«, und damit wußte er nicht das mindeste anzufangen. … #ErsteSätze

Paul Zech: Michael M. irrt durch Buenos Aires. Roman.

Diese hier vorausgeschickten Blätter sind keine Aufzeichnungen in dem Sinne, daß sie den Beginn der Irrungen und Wirrungen des Michael M. wiedergeben. Sie sind nur eine beschreibende Kennzeichnung dessen, der hier als Michael M. in der Figur eines Ecksteins erscheint. Ohne äußeres Verschulden zum Ärgernis geworden, auf daß noch Ärgeres sich an ihm reibe. Die eigentliche Geschichte von Michael M., einem Mann, der dieser Stadt nicht froh wurde, weil er, wie er meinte, an einer bösartigen Krankheit litt, hat er selber aufgeschrieben. Sie scheint, wenn man sie mit den üblichen Romanen vergleicht, keinen Anfang und auch kein Ende zu haben. Als wäre dem Verfasser nur das Dazwischen wesentlich erschienen. Eine Station seiner Lebensreise, die nur die Bedeutung einer nicht gewellten Haltestelle hat. Eine ärgerliche Verzögerung. Eine Landung in Unlust und von allen Unbequemlichkeiten eines zufälligen und schnell gemieteten Zimmers durchschauert. … #ErsteSätze

Anne Charlotte Leffler: Eine Sommergeschichte. Roman.

Die Mittagsglocke hatte sämtliche Badegäste in die große Veranda des Kurhauses zusammengerufen; alle Damen waren rasch laufend und mit fliegenden Kleidern angelangt, denn der Wind wehte stark. Das Wetter war durchaus nicht dazu angethan, den Aufenthalt in der Veranda angenehm zu machen. Und doch – der erste blieb stehen und sah hinaus auf die See, ebenso der zweite und dritte; schließlich hatten sich alle Badegäste versammelt und mancher Ausruf des Schreckens wurde laut. Das Segeltuch schlug lärmend an das Geländer der Veranda; ein paar Kellner eilten aus dem Saal heraus, um es in Sicherheit zu bringen; endlich glückte es ihnen, die Vorhänge zu erhaschen und an den Pfosten, die das Dach der Veranda trugen, fest zu binden. Die meisten Damen waren im bloßen Kopf gekommen und die absichtliche Unordnung der Frisuren mit den gekräuselten Haarfransen war einer unbeabsichtigten gewichen, bei welcher kleine, gerade Haarsträhnchen zum Vorschein kamen, deren Erscheinen bei dem sonst so lockigen Haar ganz unbegreiflich war. … #ErsteSätze

Heinrich Mann: Der Untertan. Roman.

Diederich Heßling war ein weiches Kind, das am liebsten träumte, sich vor allem fürchtete und viel an den Ohren litt. Ungern verließ er im Winter die warme Stube, im Sommer den engen Garten, der nach den Lumpen der Papierfabrik roch und über dessen Goldregen- und Fliederbäumen das hölzerne Fachwerk der alten Häuser stand. Wenn Diederich vom Märchenbuch, dem geliebten Märchenbuch, aufsah, erschrak er manchmal sehr. Neben ihm auf der Bank hatte ganz deutlich eine Kröte gesessen, halb so groß wie er selbst! Oder an der Mauer dort drüben stak bis zum Bauch in der Erde ein Gnom und schielte her!

Fürchterlicher, als Gnom und Kröte war der Vater, und obendrein sollte man ihn lieben. Diederich liebte ihn. Wenn er genascht oder gelogen hatte, drückte er sich so lange schmatzend … #ErsteSätze

Paul Zech: Der schwarze Baal. Novellen.

Eine halbe Stunde weit von der großen Stadt, deren Türme, Gasometer und Riesenschornsteine aus dem gelbgrauen Nebel wie Köpfe langsam Ertrinkender sich emporquälen, liegt die Gewerkschaft „Frisch auf“.

Mitten im Grün flacher Weideflächen und bis zum Rand der pastellhaften Kurve brauner Äcker. Aufrecht und starr wie eine starkbefestigte Insel.

Sie bleckt wie alle diese klobigen Tempel Vulkans bissig unnahbar aus den Umzäunungen.

Braune, mächtige Eichenbohlen stehn riesenhaft verkettet. An den vier Enden erheben sich schmiedeeiserne Tore mit spitzen Zacken auf den Häuptern; martialische Landsknechte. Aus der Umzäunung ragen drohend die Fördergerüste empor: Phantastische Wurfmaschinen mit großen, … #ErsteSätze

Marcel Proust: Im Schatten der jungen Mädchen. Roman.

Meine Mutter sprach, als davon die Rede war, Herrn von Norpois zum erstenmal einzuladen, ihr Bedauern aus, daß Professor Cottard auf Reisen und sie selbst außer allem Verkehr mit Swann sei, denn beide wären ohne Zweifel für den ehemaligen Botschafter interessant gewesen; mein Vater antwortete, ein Gast von der Bedeutung, ein Gelehrter vom Range Cottards sei bei einem Diner immer am Platze, aber Swann mit seinem hochfahrenden Wesen, der aufdringlichen Art, seine belanglosesten gleichgültigsten Beziehungen auszuposaunen, sei ein gewöhnlicher Wichtigtuer, den der Marquis von Norpois, wie er sich ausdrückte, »übel« finden würde. Diese Erwiderung meines Vaters erfordert ein paar erklärende Worte, da sich mancher wohl noch eines recht mittelmäßigen Cottard und eines Swann entsinnen wird, der in gesellschaftlichen Dingen zurückhaltend diskret und äußerst taktvoll war. … #ErsteSätze

Adine Gemberg: Aufzeichnungen einer Diakonissin. Roman.

Einsegnung – Profess! Nein, nicht Profess! Ich habe ja kein Gelübde abgelegt, nur ein Versprechen. Ein Versprechen in Gottes Hand – ich kann davon dispensirt werden – es ist also kein Profess. Die Kirche hat die Macht zu lösen und zu binden, sie kann von einem Gelübde dispensiren – Gelübde, kirchliches Versprechen, wo liegt der. Unterschied? Giebt es überhaupt einen Unterschied?

Ich habe Gehorsam gelobt. »Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. Ich fordere wenig, nur Deinen Willen.« . . . .

Ich habe Ihm meinen Willen gegeben. Ist mein »Ich« von meinem Willen zu trennen? Wenn ich aber mein »Ich« gab, so habe ich ein Gelübde gethan, bin Nonne – – – Nonne? – – – nein – es war doch kein Profess. Ich bin keine Nonne, ich bin Diakonissin. Der Herr gab mir ein Amt, – aus den Händen seiner Diener hab‘ ich’s empfangen. In Treue will ich’s verwalten. … #ErsteSätze

Jack London: Martin Eden. Roman.

Der eine öffnete die Tür mit einem Drücker und trat ein. Ihm folgte ein junger Bursche, der linkisch die Mütze abnahm. Seine Kleidung war derb und erinnerte an die See; offenbar fühlte er sich in der geräumigen Halle wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er wußte nicht, was er mit seiner Mütze anfangen sollte und wollte sie gerade in die Hosentasche stopfen, als der andere sie ihm abnahm. Es war eine ganz ruhige, natürliche Handlung, und der linkische junge Bursche wußte sie zu schätzen. »Er hat Verständnis dafür«, dachte er. »Er wird mir schon weiterhelfen.«

Er folgte dem andern auf den Fersen, indem er die Schultern vor und zurück schob und die Füße unbewußt weit auseinandersetzte, als höbe und senkte sich der ebene Boden wie Meereswogen. Die großen Räume schienen ihm zu eng für seinen rollenden Gang, und er hatte selbst eine furchtbare Angst, … #ErsteSätze

Adine Gemberg: Morphium. Novelle.

In einer Ecke des städtischen Kirchhofes war großer Kehraus. Zusammengetürmt lagen dort welke Kränze und Palmen, alle gleichmäßig graubraun, als wären sie nie bunt und farbenprächtig gewesen. Hie und da sah das schmutzige Ende einer Atlasschleife oder eine schwarz gewordene Goldfranze aus dem Gewirr hervor. Alte Weiber mit braunen, welken Armen und häßlichen, gleichgültigen Gesichtern stachen mit Mistgabeln hinein in den Haufen ehemaliger Gaben der Pietät, oder vielleicht auch nur der Convenienz. Gedankenlos schleuderten sie die Kränze auf einen Karren, und ein altes, blindes Pferd humpelte mühsam damit fort, um die Abfälle des Friedhofes dahin zu bringen, wo aller Müll und Schutt aus der Stadt abgeladen wurde. … #ErsteSätze

Adine Gemberg: Liebe. Novelle.

»Siehst Du meine Lippen dürsten, Geliebte?«

»Ja – ich sehe Deine Lippen dürsten und ich empfinde Wonne« –

»So liebst Du mich? Wenn Du Wonne empfindest, Wonne –?«

Er bringt seinen schönen blonden, Kopf mit dem spitz geschnitten Künstlervollbart ihrem blassen, nervösen Mignongesichtchen ganz nahe, so nahe, dass sie ihn nicht mehr genau sehen kann. Aber sie schiebt ihn zurück, mit einem kalten, grausamen, herzlosen Lächeln.

»Ich empfinde Wonne, Dich so dürsten zu sehen und Dir nichts zu gewähren.«

»Nichts?« … #ErsteSätze

Hans-Erich Tzschirner: Die nicht lieben dürfen. Roman.

Gott schütze Nizza! Nach trüber Fahrt über den Brenner … Aber ich will dir ja alles der Reihe nach erzählen.

Also dein Kuß auf dem Anhalter schmeckte weniger gut als der deiner reizenden Frau. Im Speisewagen aß ich zu Abend, wo sollte ich auch sonst hingehen! Suppe à la reine, ein uraltes Steppenhuhn und ganz gemeinen Harzer Käse. Dazu eine Flasche Rüdesheimer Schloßabzug.

Es war nicht sehr voll. Die beiden Damen, die wir mit ihrem ganzen Train, der anscheinenden Gesellschafterin, den Kammerdienern und den Zofen, vom Stationsvorsteher eskortiert, in den Zug steigen sahen, saßen mir beim Essen gegenüber, das heißt, sie hatten den scheinbar für sie hergerichteten Längstisch an der einen Seite des Wagens ganz für sich. … #ErsteSätze

Heinrich Mann: Der Atem. Roman.

Die Frau fiel auf, aber sie bemerkte es nicht. Von weitem wirkte ihr Anzug prunkhaft, wenn auch altertümlich. Kenner bemerkten: die Mode von 1910. Eine Welt liegt zwischen ihr und der Tracht von 1939. Kam die Passantin näher, erwies das seidene Schleppkleid sich als ermüdet, die Spitzen des Umhanges als sorgfältig zusammengenäht. Nur die Schuhe waren neu, sogar kostbar. Die Strümpfe hatten, sooft die Person genötigt war den Rock aufzuheben, eine Masche verloren. Dies war die Erscheinung am frühen Morgen, als wenige sie sahen.

Sie ging, heute und täglich, entschlossen ihres Weges. Sie wendete niemals den Kopf. Alles sprach dafür, daß sie ein bekanntes Ziel verfolgte. Sie tat es mit Augen gleichgültig und leer. Die Stadt Nice an der Côte d’Azur hat einige sehr lange Straßen. Ob man aus dem Mittelpunkt oder, wie diese Einzelne, von draußen kommt, die rue de France verliert sich in der Ferne. Nach dem Ende, das außer Sicht, daher kein Ende war, blickte die Auffallende, nichts konnte sie ablenken. … #ErsteSätze

Heinrich Mann: In einer Familie. Roman.

Man hatte im »Seehof« Kaffee getrunken und wanderte nun langsam am Ufer auf und nieder, sich immer in der Nähe des Wirtshauses haltend, wo die Pferde bereits zur Rückfahrt nach Kreuth eingespannt wurden. Alle drei hatten seit einigen Minuten die Unterhaltung ruhen lassen. Sie wurde nur dann zeitweilig belebt, wenn der Major stehen blieb, um seinem Entzücken über die Schönheiten der Landschaft Worte zu verleihen. Der alte Herr zeigte gern den Kunstbeflissenen; indes war das Bild, auf welches er das junge Paar aufmerksam machte, seiner Begeisterung würdig.

Die schon sehr schräg fallenden Sonnenstrahlen riefen auf dem fast bewegungslosen Achensee einen Schimmer hervor, der aus der Tiefe zu steigen schien, als machte eine Schicht Gold das Wasser bis zur Oberfläche erglänzen. … #ErsteSätze

Anna Katharine Green: Endlich gefunden. Roman.

Es gibt sehr merkwürdige Beispiele von plötzlichem Verschwinden; ich selbst habe mit mehreren solchen Fällen zu tun gehabt. Den einen möchte ich Ihnen wohl erzählen, wenn Sie mir versprechen, nicht nach den wirklichen Namen der beteiligten Personen zu forschen, denn die Sache soll geheim gehalten werden.

Der junge Q., welcher so sprach, galt unter der ganzen Polizeimannschaft als der klügste und fähigste Detektiv, natürlich Herrn Gryce Sprich Grais ausgenommen.

Die Neugierde von uns Kameraden ward daher durch seine Aeußerung in hohem Grade erregt. Wir gaben bereitwillig das geforderte Versprechen und rückten näher um den Ofen zusammen, die seltene Mußestunde zu genießen. In dem befriedigenden Bewußtsein, daß bei seiner Geschichte auch mancherlei zu berichten war, … #ErsteSätze

Susan Glaspell: Narzissa. Roman.

Ihre Mutter kam in die Küche, betrachtete die wenigen glänzenden grünen Erbsen, die kaum noch den Boden des Napfes bedeckten, blickte dann auf den Haufen geschlossener Schoten im Korb und rief mit nachsichtigem Lächeln: »Naomi!« Wenn sie einen so schonungsvollen Tadel aussprach, wurde das ›O‹ in dem Namen ihrer Tochter ganz besonders klingend und gedehnt. »Ja, Mädel, woran denkst du bloß?«

Während Naomi eine neue Schote aufdrückte und fünf Erbsen in den Napf rollen ließ, lachte sie halblaut vor sich hin. Wenn sie nun ihrer Mutter wirklich sagen würde, woran sie dachte? Ihr Lächeln wurde sehnsüchtig, ihr Blick folgte dem Lauf des Baches, dessen Windungen durch die Bäume schimmerten, und in ihren Gedanken erstand jene einsame Uferstelle, über der ein so betäubender Duft von Narzissen lag … #ErsteSätze

Ernst Klein: Schüsse im »Savoy«. Roman.

Der Genfer See lag in den ersten Strahlen der Morgensonne. Die Stadt selbst schlief noch, die großen Hotels auf den Kais zeigten verschlossene Fenster. Nur über den Pont du Mont Blanc rollten langsam und schwerfällig ein paar frühzeitige Marktkarren, die Gemüse und Milch vom Land hereinbrachten. An der Schiffsanlegestelle ruhten nebeneinander diese hübschen, weißen Dampfer, die poetische Engländerinnen gern mit Schwänen vergleichen. Aus dem Schornstein des vordersten von ihnen kräuselte dünn-blauer Rauch. Sonst kein Zeichen von Tätigkeit. Morgenzauber über dem See – –

Die Möwen hatten schon den Tag begonnen. Sie schossen hin und her, das weiße Gefieder silbern glitzernd im Sonnenlicht. Auf und nieder glitten sie, oft blitzschnell im Fluge herabstoßend, … #ErsteSätze

Ernst Klein: Madame Circe. Roman.

»Gnädige Frau, das Auto ist da!«

Elisabeth lief noch einmal rasch durch die Wohnung, um sich zu vergewissern, daß sie nichts vergessen hatte. Viel war es ja überhaupt nicht, was sie mitnahm. Alles, was zu dieser Wohnung gehörte, was sie an das Leben in ihr erinnern mußte, ließ sie zurück. Wie sie so in der letzten Minute mit flüchtigen Augen die Zimmer durchflog, überschwemmte ihre Seele, zum Abschied gleichsam, der ganze Ekel der in diesen Räumen verlorengegangenen Jahre. Unordentlich die Zimmer, die Kästen offen – im Schlafzimmer Betten, Wäsche, Kleider, alles wirr durcheinander – grauenhaft! Sie glaubte noch in der Luft den schalen Geruch zu spüren, den die ausgehenden Zigaretten ihres Mannes zurückzulassen pflegten. – – –

Gott sei Dank – fort – fort! … #ErsteSätze

Emil Ertl: Die Leute vom Blauen Guguckshaus. Roman.

Durch die stillen Gassen bin ich wieder einmal gegangen, in denen ich meine ersten Jugendträume träumte, und durch die ganze friedliche Vorstadtgegend, wo ich geboren und aufgewachsen bin, und die ich liebe, wie man nur seine Heimat lieben kann, so unscheinbar und wenig bemerkenswert sie auch sein mag. Es war ein holder Frühlingsabend, und die sinkende Sonne spiegelte sich und glühte in den Fenstern der alten, schmucklosen Häuser, die dort noch stehen, eingezwängt freilich zwischen vereinzelten hohen und stattlichen Neubauten, sonst aber unverändert und von demselben bescheidenen Aussehen wie zur Zeit, da die Seidenweber vom Schottenfeld ihre Schütze noch aus der Hand durch die Kette warfen. … #ErsteSätze

Joseph Conrad: Mit den Augen des Westens. Roman.

Zunächst möchte ich feststellen, daß ich in keiner Weise die starke Einbildungskraft und Ausdrucksfähigkeit besitze, die es mir ermöglicht hätte, dem Leser die Gestalt des Mannes anschaulich zu machen, der sich, der russischen Sitte gemäß, Kyrill Sohn des Isidor – Kyrill Sidorowitsch – Rasumoff nannte.

Hätte ich diese Gaben überhaupt jemals in irgendeiner Weise besessen, so wären sie doch schon längst in einem Wust von Worten untergegangen. Worte sind ja bekanntlich die geschworenen Feinde der Wirklichkeit. Ich war jahrelang Sprachlehrer. Diese Beschäftigung räumt auf die Dauer mit allem auf, was ein Durchschnittsmensch an Einbildungskraft, Beobachtungsgabe oder Einsicht besitzen könnte. Für einen Sprachlehrer kommt die Zeit, … #ErsteSätze

Annie Hruschka: Ich war gebunden, als ich dich sah. Roman.

Elisabeth hat keine Zeit, sich in der elegant ausgestatteten Halle des Schlosses Wolfeck, das von heute an ihren Aufenthaltsort bilden soll, umzusehen. Kaum hat sie die Schwelle überschritten, tritt ein schwarzgekleidetes Mädchen mit weißer Latzschürze und ebensolchem Häubchen auf sie zu und sagt: »Fräulein Benedikt, die neue Erzieherin, nicht wahr?«

»Ja, die bin ich …«

»Wir haben Fräulein schon dringend erwartet, und die gnädige Frau läßt Fräulein ersuchen, sogleich nach Ihrer Ankunft zu ihr zu kommen. Ich werde mir erlauben, Fräulein zur gnädigen Frau zu führen. Ich bin Anna, das erste Stubenmädchen.« … #ErsteSätze

Lily Braun: Lebenssucher. Roman.

Es gibt Jahre, in denen der Frühling nicht fröhlich ist; die wenigen Blumen, die er über die Wiesen streut, sind blaß und welken rasch; nur zögernd, fast als fürchteten sie sich, kriechen die jungen Blätter an den Bäumen aus der braunen Hülle; das dürr raschelnde Herbstlaub im Walde wird kaum jemals ganz von einem frischen Moosteppich verdrängt, und auch der klarste, blaue Himmel trägt einen feinen grauen Schleier wie die jungen Nonnen bei der letzten Weihe.

Solch ein Frühling strich mit seiner schlaffen, weichen Luft über die Höhen des fränkischen Jura, spielte im Vorüberstreifen flüchtig mit der zerbrochenen Äolsharfe auf dem grauen Turm von Hochseß, tanzte ein wenig über dem ausgetrockneten, zwischen Nesseln träumenden Ziehbrunnen, … #ErsteSätze

Maria Waser: Das Gespenst im Antistitium. Novellen.

Wenn ich das Haus denke, darin ich meine Kindheit verlebte, meine ich, daß ich mir die peinliche Selbstbespiegelung füglich ersparen könnte, sofern es mir gelänge, dessen Seele aufzudecken; denn mir scheint, daß dann alles klar werden müßte, was mein Leben angeht und meinen Weg bestimmte. Dieses Haus war klein und von vielen Fenstern erhellt; aber in meiner Erinnerung steht es weiträumig und reich an dunkelm Geheimnis, und eigentlich trennte der breite Gang, der gradaus von der vorderen zur hinteren Haustür lief, zwei Welten: Auf der Sonnenseite die kleinen hellen Zimmer, wo man aß, lebte, lernte, musizierte, wo Mutter uns drei Schwestern an den Nachmittagen unterrichtete und uns des Abends Geschichten erzählte oder aus den großen Dichtern vorlas. … #ErsteSätze

Balder Olden: Anbruch der Finsternis. Roman.

Um elf sollte Hans-Heinz entlassen werden, jetzt war es fast ein Uhr, und Gerda saß immer noch einsam am Volant. Ein dutzendmal oder öfter, seit sie hier wartete, hat das schwere Portal des Festungsgefängnisses sich auf- und zugetan, oft hatte der Posten das Gewehr salutiert, wenn ein Offizier ein- oder ausging. Hans-Heinz war noch nicht erschienen.

Wenn er kommt, wird der Soldat nicht mehr salutieren, dachte sie. Er war einmal Offizier, aber jetzt ist er gar nichts mehr.

Sie hatte Angst vor diesem Wiedersehen mit einem Menschen, der ein ganzes Jahr Einzelhaft hinter sich hatte, einem jungen Menschen, der ein ganzes Jahr lang Not und Wut und Verzweiflung allein in sich hineingewürgt hatte. … #ErsteSätze

Selma Lagerlöf: Die Prinzessin von Babylonien. Erzählungen.

Es war an einem dunklen Winterabend in der kleinen Hütte Skrolycka. Kattrinna, die Bäuerin, saß da und spann, und die Katze lag auf ihrem Schoß und spann auch, so gut sie konnte. Der Mann, Jan Andersson, saß am Herde und wärmte sich mit dem Rücken gegen das Feuer. Er war den ganzen Tag in Erik Fallas Wald gewesen und hatte Holz gehackt, da konnte niemand von ihm verlangen, daß er jetzt, wo er daheim war, noch eine andere Arbeit vornehmen sollte. Nicht einmal Kattrinna hatte etwas dagegen einzuwenden, daß er jetzt nichts anderes tat, als mit ihrem kleinen Mädchen spielte und plauderte, das diesen Winter in sein fünftes Jahr ging.

Kattrinna saß in ihren eigenen Gedanken da und hörte nicht viel darauf, was der Mann und das Kind miteinander schwatzten. Aber auf eines hielt sie strenge. … #ErsteSätze

Ilse von Stach: Die Beichte. Novelle.

Ihnen selbst zum Frieden und auf ewig verhallen die letzten Seufzer der gerecht Gerichteten; die Erde empfängt ihr Blut ohne Murren; die Stadt, die ihren Frevel gesehen hat, sieht ihre Sühne, und die engen Gassen halten nicht die Stimmen ruheloser Geister in ihren Mauern fest. Aber die Klagen der gemordeten Unschuld schweben fort über der Richtstätte und zwischen den Häusern, und Kindern und Enkeln weht in stillen Nächten, wenn die Tat sich jährt, ein Atemzug aus der Sterbenot der Geopferten über die schaudernde Brust. Und wo die freche Hand des Mörders nach dem Haupte des Erwählten Gottes tastet, wo die entartete Menschheit fühlloser geworden ist als die Natur, die die Nähe dessen empfindet, … #ErsteSätze

Olga Wohlbrück: Das kleine Glück. Roman.

… Endlich ward die kleine Seele bezwungen, so sehr sie sich auch wehrte, so sehr sie auch entfliehen wollte aus dem kleinen, gebrechlichen Körper… Und dann wurde sie schließlich still … so still und ruhig, daß man ihrer fast vergaß.

Aber der kleine Körper wurde gehegt und gepflegt … Den vergaß man nicht … Nie. Und so wuchs und gedieh er zur Freude der Eltern. Das kleine Neutrum wurde ein Femininum – nicht mehr »es«, sondern »sie«, und man nannte sie jetzt »Püppchen«.

Püppchen lernte Papa und Mama sagen, aber erst nach vieler Quälerei. Püppchen bekam weiße, schauderhaft gestärkte Kleidchen mit grellblauen oder grellrosa Achselbändchen, … #ErsteSätze

Maria Bernthsen: Djayi. Roman.

Als hätten sie nie vorher dieses Stückchen Erde bewundern können, so begeistert umfassen es die Augen des Rechtsanwaltes Doktor Otto Magnus. Ein klarer, rebellisch stürmischer Märztag neigt sich fast seinem Ende. Der heftige Wind hat sich beinahe völlig gelegt, nur in den hohen, kahlen Baumkronen scheint er noch herumzuspielen. In den lichtgrün überhauchten Feldern will sich schon allerlei regen, und aus den schwarzen Äckern quillt Werdeduft und Atem der Erde. Wie in heiliger Erwartung, überwölbt vom festlich blauen Himmel, streckt und reckt sie sich noch wie in zager Angst und halben Wehen. … #ErsteSätze

Robert von Bayer: Der heimliche Gast. Erzählung.

»Lassen Sie nur, Liese; ich werde ohne Mühe schon allein fertig.«

So ganz ohne Mühe geschah es aber doch nicht, denn die schlanke Dame, welche lieber sich selbst helfen als den Beistand der Dienerin annehmen wollte, mußte sich auf die äußersten Fußspitzen erheben und sich weit über den runden Eßtisch vorneigen, um die Majolikaschale in dessen Mitte zu setzen. Die Blumen und Gräser, von den schönen Händen geordnet, schmückten nun die festlich gedeckte Tafel, die zierliche Gestalt richtete sich wieder auf und ein rascher Griff brachte ein zur Seite geschobnes Glas zurück in symmetrische Reihe. … #ErsteSätze

Jenny Blicher-Clausen: Onkel Franz. Roman.

Es war an einem Abend vor dem Konzertsaal in Klampenborg – an einem ganz windstillen Juniabend. Die Boote glitten auf dem Sund vorüber, und weiter draußen konnte man den Rauch eines Dampfschiffs wahrnehmen.

Ich saß allein auf dem Altan über der Restauration – oder besser gesagt, ich glaubte mich allein – als ich plötzlich eine dunkle weibliche Gestalt an einem der Fenster zum Konzertsaal entdeckte. Sie saß vorgebeugt, die Hände im Schoß und wendete ihr bleiches Gesicht dem erleuchteten Saal zu.

Sie kehrte der lärmenden Menge den Rücken und hörte offenbar den summenden Laut der Stimmen der Leute, … #ErsteSätze

Claire von Glümer: Gesühnt. Novelle.

Der Kurierzug war angekommen; Omnibusse standen bereit, die Aussteigenden nach den Gasthöfen der kleinen Hafenstadt zu bringen; aber es war erst Mitte Mai, der Zuzug nach dem nahegelegenen, vielbesuchten Ostseebade hatte noch nicht begonnen und beinahe leer rasselten die Wagen nach der Stadt zurück.

In einem derselben, der die Aufschrift »Zum goldenen Anker« trug, saßen nur zwei Damen in Trauer. Die ältere, eine zarte Gestalt mit feinem, blassem Gesicht, lehnte sichtlich erschöpft zwischen Plaidbündeln und Reisetaschen, während die jüngere, ein schönes, blondes Mädchen, bald rechts, bald links aus dem Fenster sah. Endlich wendete sie sich zu ihrer Gefährtin und … #ErsteSätze

Blanda Corony: Wen trifft die Schuld? Roman.

Unruhig schritt der Universitätsprofessor Feldern in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Die weißen wohlgepflegten Hände auf dem Rücken, den interessanten Kopf mit dem vollen, braun gewellten, nur an den Schläfen von einigen Silberfäden durchzogenen Haar tief gesenkt, durchmaß er den weiten Raum, der die Stätte seiner fruchtbaren Geistesthätigkeit bildete, und nur auf einige Sekunden trat er an eines der beiden weitgeöffneten Fenster, um mit einem tiefen Atemzuge die würzige, erfrischende Luft des milden Sommerabends einzusaugen und den Blick über die grünen Wiesen und die goldig schimmernden Felder streifen zu lassen, die unweit des von ihm bewohnten Hauses ihren Anfang nahmen und sich bis zu dem ausgedehnten, etwa eine halbe Stunde entfernt liegenden Laubwalde erstreckten. Aber gleich darauf nahm er seinen Gang durch das Zimmer wieder auf, und die tiefen Falten, … #Erste Sätze

Franziska von Kapff-Essenther: Mitgiftjäger. Roman.

Ein furchtbarer, donnerähnlicher Knall erschreckte das ganze Goldeggsche Fabriketablissement. Die ungeheure Detonation überdröhnte das Surren der Räder, das Stampfen und Pfauchen der Maschinen. In dem riesengroßen, weit ausgedehnten Anwesen hielt plötzlich Jedermann in seiner Arbeit inne und lauschte ängstlich. Der Betrieb war erst vor wenigen Minuten nach der Frühstückspause wieder aufgenommen worden, und nun stand plötzlich Alles still; es war, als ob eine höhere Gewalt Halt geboten hätte.

Und jetzt bemerkte man, daß dicker Rauch aus dem chemischen Laboratorium drang, welches sich der Chef kürzlich eingerichtet. Er pflegte dort emsig mit Paul Basler, dem chemischen Assistenten, zu arbeiten. … #ErsteSätze

Annie Hruschka: Gefreit ohne Liebe. Roman.

»Schach der Königin!« sagte Regierungsrat Forst zu seiner alten Freundin, der verwitweten Frau Gerda Heider, bei der er seit fast vierzig Jahren die Abende verbrachte.

Forst war schon als junger Mann, als man Frau Heider noch die schöne Gerda Hold nannte, täglich in die Villa gekommen, die zur Maschinenfabrik Hold-Heider gehörte.

Die Tochter des Hauses war seine erste und einzige Liebe gewesen; und damals hatte er sich sogar eine Zeitlang in der Hoffnung gewiegt, ihr Herz zu gewinnen.

Aber für Gerda Hold war er immer nur einer von vielen. Als er einmal schüchtern um sie zu werben wagte, schnitt sie ihm mit ihrem reizenden, kühlen Lächeln das Wort ab … #ErsteSätze

Anatole France: Das Hemd eines Glücklichen. Novelle.

Christoph V. war kein schlechter König. Er beobachtete genau die Vorschriften der parlamentarischen Verfassung und fügte sich stets dem Willen der Kammern. Diese Unterordnung wurde ihm nicht schwer; denn er hatte gemerkt, daß es wohl mehrere Arten gibt, zur Macht zu gelangen, aber nicht zwei, sich in der Macht zu erhalten und als Machthaber zu benehmen. Seine Minister regierten, trotz verschiedener Herkunft, Grundsätze, Ideen und Gesinnungen, alle gleich und wiederholten sich, wenn auch mit gewissen, rein formalen Abweichungen, mit einer beruhigenden Regelmäßigkeit. … #ErsteSätze

Anatole France: Die Götter dürsten. Roman.

Evarist Gamelin, Maler und Schüler Davids, Bürger des Stadtbezirks Pont-Neuf (vormals Henri IV.), ging frühmorgens nach der einstigen Barnabitenkirche, in der seit drei Jahren – seit dem 21. Mai 1791 – die Generalversammlung dieses Bezirks tagte. Die Kirche ragte auf einem engen, düsteren Platze, nahe dem Gitter des Justizpalastes. Die verwitterte, von Menschenhand verstümmelte Fassade bestand aus zwei antiken Pfeilergeschossen, die mit halb zerstörten Gesimsen und mit Pechpfannen geschmückt waren. Die Wahrzeichen des Glaubens waren roh abgemeißelt, und über dem Portal stand in schwarzen Buchstaben der Wahlspruch der Republik: »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder Tod.« Evarist Gamelin trat ein. Unter den Wölbungen des Kirchenschiffs, … #ErsteSätze

Sven Elvestad: Der kleine Blaue. Novelle.

Vor einigen Jahren lag in einer der Straßen in der Nähe des Johannishügels ein kleines zweistöckiges Holzhaus. Das war vor der Zeit der Bauwut. Das Haus ist später niedergerissen worden, um einer der großen Mietskasernen Platz zu machen. Damals standen noch nicht viele Häuser in der Straße, die schlecht gehalten und nur teilweise gepflastert war. Das erwähnte Haus bemerkte man sofort, weil es ein bißchen vorstand, mit rotbrauner Farbe überschmiert war und mitten an der Fassade ein Schild hatte, das ganz jämmerlich in seinen Angeln quiekte, wenn der Wind sich hinein verfing. Auf dem Schild stand: A. Jonson, Kolonial- und Fettwarenhandlung. … #ErsteSätze

Joseph Roth: Die Kapuzinergruft. Roman.

Wir heißen Trotta. Unser Geschlecht stammt aus Sipolje in Slowenien. Ich sage: Geschlecht; denn wir sind nicht eine Familie. Sipolje besteht nicht mehr, lange nicht mehr. Es bildet heute mit mehreren umliegenden Gemeinden zusammen eine größere Ortschaft. Es ist, wie man weiß, der Wille dieser Zeit. Die Menschen können nicht allein bleiben. Sie schließen sich in sinnlosen Gruppen zusammen, und die Dörfer können auch nicht allein bleiben. Sinnlose Gebilde entstehen also. Die Bauern drängt es zur Stadt, und die Dörfer selbst möchten justament Städte werden.

Ich habe Sipolje noch gekannt, als ich ein Knabe war. Mein Vater hatte mich einmal dorthin mitgenommen, an einem siebzehnten August, … #ErsteSätze

Selma Lagerlöf: Der Fuhrmann des Todes. Erzählung.

Eine arme junge Heilsarmeeschwester lag im Sterben.

Ihre Tätigkeit hatte sie in die »slums«, die verrufenen Viertel der Stadt, geführt; dann hatte sie die galoppierende Schwindsucht bekommen, und jetzt nach einem Jahre ging es zu Ende. Solange wie irgend möglich war sie ihren gewohnten Pflichten nachgekommen, und als alle ihre Kräfte aufgebraucht waren, schickte man sie in ein Sanatorium. Dort hatte sie einige Monate gelegen und war gut gepflegt worden; aber es wurde nicht besser mit ihr, und als sie schließlich begriff, wie hoffnungslos krank sie war, verlangte sie nach Hause zu ihrer Mutter, die in einer der Vorstädte in einem eigenen Häuschen wohnte. … #ErsteSätze

Emily Brontë: Wuthering Heights. Sturmhöhe. Roman.

1801. – Ich bin soeben von einem Besuch bei meinem Hauswirt zurückgekehrt – dem einsamen und einzigen Nachbarn, mit dem ich zu tun haben werde. Wirklich, dies ist ein prächtiges Land! In ganz England, glaube ich, hätte ich keine andere Gegend gefunden, die so völlig dem Getriebe der Geselligkeit entrückt ist. Für den Misanthropen ein wahres Eden! Und Mr. Heathcliff und ich sind so recht ein passendes Paar, diese Einsamkeit miteinander zu teilen. Ein kapitaler Kerl! Wie argwöhnisch er die schwarzen Augen zusammenkniff, als ich bei ihm vorgeritten kam, und wie mißtrauisch er die Hände tiefer in die Jackentaschen bohrte, als ich meinen Namen nannte! Das gewann ihm gleich mein Herz, wovon er freilich nichts ahnen mochte. … #ErsteSätze

Edgar Wallace: Der viereckige Smaragd. Roman.

An einem traurigen Februarnachmittag zog Lady Raytham die langen Samtvorhänge zur Seite und schaute auf Berkeley Square hinunter. Die Turmuhr schlug halb fünf. Es regnete und schneite durcheinander, und ein leichter, gelber Nebel verstärkte noch den düsteren Eindruck des sinkenden Tages. Eine ununterbrochene Reihe von Autos bog nach Berkeley Street ein, die glatten, schwarzen Dächer spiegelten den Schein der Straßenbeleuchtung wider, die eben aufflammte.

Lady Raythams geistesabwesende Blicke streiften über die trostlos und verlassen daliegenden Gärten, in denen kahle Bäume ihre Äste traurig gen Himmel reckten und … #ErsteSätze

Emma Haushofer-Merk: Der Schatten der Vergangenheit. Novelle.

In einem Garten, dicht am Rhein, saßen zwei Frauen: Mutter und Tochter. Es war buntes Blühen um sie her; das grelle Gelb des Goldregens, das zarte Blau rankender Glycinen, der blasse Purpur des Rothdorns und das Violett des spät ausgeschlagenen Flieders vereinten sich zu einem Farbenspiel, wie nur die Natur es hervorbringt; und durch die Luft zog jener süße Wohlgeruch, der den Maitagen noch in der Erinnerung ihren unvergleichlichen Reiz verleiht.

Frau Therese Link hob die Augen von der Zeitung, in welcher sie gelesen hatte. … #ErsteSätze

Emma Haushofer-Merk: Unterwegs. Novelle.

Mit einem Seufzer der Befreiung, mit einem wahren Glücksausdruck in den lustigen braunen Augen betrat die junge Gouvernante ihr Zimmer. Ihre Zöglinge schliefen. Nun, endlich, konnte niemand mehr von ihr Geduld und Aufmerksamkeit fordern. In diesen köstlichen Abendstunden gehörte sie sich selbst.

Sie lehnte sich zum Fenster hinaus. An dem Sommerhimmel war noch letzte, verdämmernde Helle. Sie konnte ein Stückchen vom Rhein sehen, der hier träge zwischen den flachen Ufern dahinfließt. Immer, wenn sie diese eintönige Landschaft betrachtete, packte sie das Heimweh nach München, nach der frischen Bergluft, die an Abenden über die Hochebene hinstrich. … #ErsteSätze

Emma Haushofer-Merk: Fräulein Karoline. Novelle.

Es war zuletzt recht heiß geworden auf der nur von Weidengebüsch umwachsenen Landstraße, die sich am Flusse hinzog, und Walter Lange hatte schon einen tüchtigen Morgenmarsch hinter sich. Aber nun hatte er ja vorläufig sein Ziel erreicht. Da lagen im hellen Sonnenschein die stattlichen Baulichkeiten des Schloßgutes, das er, da ihn seine Fußwanderung vorüber führte, besichtigen wollte, wenn die Empfehlung an den Verwalter, welche ihm ein Freund mitgegeben hatte, ihm wirklich Einlaß verschaffte. Im Moment lockte ihn freilich der frischgemähte Wiesenfleck unter einem prächtigen Ahorn viel mehr, als die berühmte Musterwirtschaft Hohenstein, die der grünumwachsene Zaun umschloß. … #ErsteSätze

Helene Böhlau: Isebies. Roman.

Kennt ihr das Erschauern in einsamer Abendstunde, im stillen, lampenerhellten Zimmer? Der Regen fällt, der Wind weht, die Seele ist nicht kräftig wie in sonnendurchleuchteter Mittagsstunde. Schatten sind über sie gefallen. Ihr kennt die Wehmut dieser Stunden, die Sehnsucht dieser Stunden, die herzzerreißende Sehnsucht nach Vergangenheiten, das Rückwärtsschauen, das Rückwärtsleben – und das stille Bangen vor der Zukunft.

Die Vergangenheit hebt ihr Haupt und lächelt euch zu, wie nur die Vergangenheit lächeln kann. Ihr sehnt euch nach Tränen; aber dieses Lächeln wehrt jeder Träne, denn es ist schmerzlicher wie alle Tränen der Erde. Es ist ein Lächeln, das jeder Lebendige kennen lernt, … #ErsteSätze

Berta Katscher: Der Steinwurf. Erzählung.

»Piroska, spute dich und spar’ dir das Träumen für eine gelegenere Zeit auf! Man sollte wirklich meinen, daß du den Sonnenuntergang zum erstenmal in deinem Leben siehst! Wie albern doch alle Frauenzimmer sind!«

Die schmucke Bauerndirne, an welche diese nicht gerade höflichen Worte gerichtet waren, stand, an ihren Rechen gelehnt, mitten auf einer großen Wiese und blickte träumerisch nach dem hinter den Bergen versinkenden glutroten Ball. Sie schien die Bemerkung des ungeschlachten Burschen, der wenige Schritte von ihr entfernt das Heu umwandte, gar nicht gehört zu haben, denn sie änderte ihre Stellung nicht im geringsten. … #ErsteSätze

Emma Haushofer-Merk: Eine Lüge. Novelle.

Ein Fremder hatte sich den Eintritt in die Säle des kunsthistorischen Museums zu D. an einem Tage verschafft, an welchem dieselben sonst dem Publikum nicht zugänglich waren. So schritt er allein durch die hohen, ernsten Räume; der Aufseher folgte in bescheidener Entfernung.

Der Fremde mochte dem Schnitt seiner Kleider und seiner ganzen Erscheinung nach für einen Engländer gehalten werden, aber seine Haltung zeigte keineswegs die für den reisenden Briten sprichwörtlich gewordene Kälte und Blasiertheit; … #ErsteSätze

Maria Janitschek: Eine Liebesnacht. Roman.

Hermias stand noch immer an der Türe.

Da Severus keine Miene machte, ihn herein zu rufen, sagte er bescheiden: »Du hast mich kommen heißen, Herr! Wenn du aber jetzt, nach dem Bad, müde bist, so will ich später vorsprechen.«

Severus öffnete träge die Lider.

»Braucht der Troß draußen zu hören, was hier verhandelt wird?« . . . . .

Hermias hagere Gestalt schob sich näher. Seine Tunika war nicht besonders rein, und er bog die Hände zu Fäusten zusammen, um die unsaubern Fingernägel zu verbergen. … #ErsteSätze

Emma Haushofer-Merk: Aus Mitleid. Novelle.

Regierungsrat Forstner ging an diesem Nachmittage einen ganz ungewöhnlichen Weg nach der Vorstadt im Nordosten Münchens. Es war ein seltenes Ereignis, wenn er einmal seine gleichmäßige Stundeneinteilung änderte. Sonst begab er sich mit solcher Pünktlichkeit ins Bureau, machte so genau zur selben Zeit seinen Nachtisch-Spaziergang durch den Hofgarten und die Maximilianstraße, daß man nach seinem täglichen Erscheinen die Uhr hätte richten können. Er war etwa vierzigjährig, ein mittelgroßer, etwas zur Körperfülle neigender Mann, mit einem gutmütigen Ausdruck des vollen brünetten Gesichtes und einem kindlich treuherzigen Blick aus braunen frischglänzenden Augen. … #ErsteSätze

Emma Haushofer-Merk: Die ersehnte Stunde. Novelle.

Auf einer Bank am Schluchtenweg, ganz nahe bei dem Kärntner Dörfchen Mallnitz, saß ein junges Mädchen völlig versunken in einen Brief. Es stand im Grunde nicht viel auf dem Blatt, das sie in der Hand hielt. Allerdings, der gelbe Bogen war voll geschrieben, aber mit so großen Buchstaben, in so mächtigen Zügen, daß sich rasch eine Seite füllte. Sie aber konnte immer wieder, wenn sie zum Schlusse gekommen war und eine Weile lächelnd vor sich hin geträumt hatte, bei den ersten Worten von vorne anfangen: »Meine liebe, schöne Heddy!«

Es war wunderbar kühl in dem stillen Winkel, in dem sie ihren Brief genoß. Nur über die hohen Tannen sah man den heißen Sommerhimmel hereinblinzeln. Um sie her wildes Felsgewirr, von feuchtem Moos, üppigen Farnbüscheln und großen Huflattichblättern überwuchert; … #ErsteSätze

Frank Heller: Herrn Collins Abenteuer. Roman.

Wie ist einem Verbrecher am nächsten Tage zumute? –

Das steht in mehr als tausend Büchern beschrieben. Hätten Sie Philipp Collin gefragt, er würde gesagt haben: Genau wie sonst.

Im Jahre 1906, in dem diese Erzählung beginnt, war Philipp Collin ein schwarzhaariger, mittelgroßer Herr, mit klugen schwarzen Augen, einem kleinen verwegenen Schnurrbart und einem gewinnenden Aussehen. Außerdem war er ein Verbrecher, denn es gab nicht weniger als vier oder fünf Paragraphen im schwedischen Reichsgesetz, die ihn nötigten, jede Begegnung mit den Repräsentanten dieser Gesetze zu vermeiden. Was seine Stellung noch unbehaglicher machte, … #ErsteSätze

Joseph Conrad: Das Herz der Finsternis. Roman.

Die Nelly, eine seetüchtige Jolle, schwoite an ihrem Anker ohne die leiseste Regung in den Segeln und hielt Rast. Die Flut hatte begonnen, es war fast völlig windstill, und da wir stromabwärts wollten, so hatten wir weiter nichts zu tun, als liegenzubleiben, und das Kentern des Stromes abzuwarten.

Die Themsemündung dehnte sich vor uns wie der Anfang einer ungeheuren Wasserstraße. Draußen waren die See und der Himmel fugenlos zusammengeschweißt, und in dem leuchtenden Raum schienen die gegerbten Segel der Leichter, die mit der Flut herauftrieben, reglos still zu stehen, als scharf umrissene rote Leinwandstücke, vom Lackglanz der Spriete gehöht. Ein leichter Dunst lagerte über den niedrigen Ufern, die gegen die See zu ganz flach verliefen. … #ErsteSätze

Margarete Boie: Der Sylter Hahn. Roman.

Es muß in den zwanziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts gewesen sein, als in einer stürmischen Herbstnacht eine holländische Kuff auf den Rantumer Strand lief. Die Nacht war schwerdunkel, und die Männer, die den Strand nach antreibendem Gut abliefen, hatten noch kaum das Wrack ausmachen können, ehe der trübe Tag anbrach. Der Himmel lastete tief über der rollenden See; grau und schwarz waren die einzigen Töne, die Unterscheidungsmerkmale im dämmernden Tage schufen. Dunkelgrau wälzten sich die Wassermassen von See und Himmel durcheinander. Dazwischen stach ein schwarzer Mast in den dampfenden Strudel, und auch der Schiffsrumpf, der kaum hundert Schritt hinter der ersten Brandungslinie lag, wirkte schwarz wie ein Höllentor. Schon hatten die Wellen alles bewegliche Schiffsgut davon abgeschwemmt, … #ErsteSätze

Romain Rolland: Clérambault. Roman.

Agénor Clérambault saß im Schatten der Laube seines Gartens von Saint-Prix und las seiner Frau und den Kindern seine neue Ode vor, die Ode Ara Pacis Augustae, die er zu Ehren des Friedens über den Menschen und Dingen geschrieben hatte und in der er die nahe Erfüllung der Weltbrüderlichkeit verkünden wollte.

Es war ein Juliabend. Auf den Gipfeln der Bäume lag letzter rötlicher Schein, und durch den leuchtenden Dunst, der wie ein Schleier über die Hügelhänge, die grauen Ebenen und die Ferne geworfen war, flammten die Fensterscheiben von Montmartre als goldene Funken. Die Abendmahlzeit war eben zu Ende. Clérambault, auf den noch nicht abgeräumten Tisch gestützt, ließ im Sprechen seinen Blick voll naiver Freude von einem zum anderen seiner drei Zuhörer hinwandern, … #ErsteSätze

Auguste de Villiers de L’Isle-Adam: Das zweite Gesicht und andere Novellen. Novellen.

An einem Winterabend, als wir, vor einem starken Kaminfeuer sitzend, bei einem unserer Freunde Tee tranken, kam die Unterhaltung auf einen der dunkelsten Gegenstände: das Wesen jener außerordentlichen, verblüffenden, geheimnisvollen Vorahnungen, die in das Leben mancher Menschen eingreifen.

»Folgende Geschichte,« sagte mein Freund, der Baron Xavier de la V…, ein blasser, junger Mann, der durch lange militärische Strapazen in Afrika zerrüttete Nerven und eine ungewöhnliche Menschenscheu bekommen hatte, »folgende Geschichte will ich ohne jeden Kommentar erzählen. Sie ist wahr.«

Wir zündeten uns Zigaretten an und lauschten seinem Bericht. … #ErsteSätze

Marguerite Audoux: Marie-Claire. Roman.

Eines Tages kamen viele Leute zu uns. Die Männer traten ein wie in eine Kirche, und die Frauen bekreuzigten sich, wenn sie wieder weggingen.

Ich schlich mich in das Zimmer meiner Eltern und war sehr erstaunt, neben dem Bett meiner Mutter eine große brennende Kerze zu sehen. Mein Vater beugte sich über das Fußende des Bettes, um meine Mutter zu betrachten, die mit über der Brust gefalteten Händen schlief.

Unsere Nachbarin, Mutter Colas, behielt uns den ganzen Tag bei sich. Zu allen Frauen, die unsere Wohnung wieder verließen, sagte sie: »Sie wissen ja, sie wollte ihre Kinder nicht küssen.« … #ErsteSätze

Elise Orzeszkowa: Der Australier. Roman.

Roman Darnowski, ein junger im Staatsdienste stehender Beamter, gehörte zu der Kategorie von Leuten, die, trotzdem ihnen alles nach Wunsch geht, sich niemals zufrieden fühlen. Die Natur hatte ihn recht freigebig bedacht; die äußeren Umstände seines Lebens, anfänglich nicht günstig, hatten bald eine andere Wendung genommen. In keiner Hinsicht ein Phänomen, besaß er indessen gute Fähigkeiten, die es ihm ermöglichten, die Universitätsstudien glänzend zu absolviren und ein angenehmes Aeußeres, dem er seine bedeutenden gesellschaftlichen Erfolge verdankte.

Vor zehn Jahren war er in die große Stadt gekommen und hatte in diesem Walde sofort einen Baum gefunden, der ihm Schutz vor Sturm und Ungewitter gewährte. … #ErsteSätze

Fjodor Dostojewski: Die Sanfte. Novelle.

Solange sie hier liegt, ist noch alles gut: ich trete jeden Augenblick hinzu und sehe sie an; morgen wird man sie forttragen – wie werde ich dann allein bleiben können? Sie liegt jetzt im Gastzimmer auf dem Tisch; man hat zwei Kartentische zusammengeschoben; den Sarg wird man erst morgen bringen, einen weißen, mit weißem Gros de Naples ausgeschlagenen Sarg; eigentlich wollte ich gar nicht davon sprechen … Ich gehe immer auf und ab und will mir über alles klar werden. Seit sechs Stunden gebe ich mir die größte Mühe, kann aber noch unmöglich meine Gedanken sammeln. Die Sache ist nämlich die, daß ich immer auf und ab gehe, immer auf und ab … Die Sache war so … #ErsteSätze

Margarete Boie: Dammbau. Roman.

Dem Fremden, der nach Morsum auf Sylt kommt, fällt zunächst die Bedeutungslosigkeit dieses im Wasser schwimmenden Scheibchens Erde gegenüber der unendlichen Weite des Himmels auf. Danach, daß man hier kaum von einer hohen Himmelswölbung, einer Himmelskuppel sprechen kann. Sondern an den meisten Tagen des Jahres liegen schwere Wolken tief und flach auf den dunklen Rohrdächern der niedrigen Insulanerhäuser.

So sah diese Landschaft auch jener Fremde, der in den ersten herben Vorfrühlingstagen des Jahres 1922 die breite Dorfstraße von der Kirche zum Pfarrhaus hinaufschritt, sah, wie auch das Pfarrhaus selbst mit seinen sturmzerzausten Sträuchern sich unterm grauen Himmel duckte, … #ErsteSätze

Herman Melville: Moby Dick. Roman.

Als ich vor einigen Jahren – wie lange es genau her ist, tut wenig zur Sache – so gut wie nichts in der Tasche hatte und von einem weiteren Aufenthalt auf dem Lande nichts mehr wissen wollte, kam ich auf den Gedanken, ein wenig zur See zu fahren, um die Welt des Meeres kennenzulernen. Man verliert auf diese Weise seinen verrückten Spleen, und dann ist es auch gut für die Blutzirkulation. Wenn man den scheußlichen Geschmack auf der Zunge nicht loswerden kann; wenn man das Frostgefühl eines feuchten und kalten Novembers auf der Seele hat; wenn man unwillkürlich vor jedem Sargmagazin stehenbleibt und jedem Leichenzug nachsieht, wenn man sich der Schwermut nicht mehr erwehren kann, daß man auf die Straße stürzen und vorsätzlich den Leuten den Hut vom Kopfe schlagen müßte, dann ist es allerhöchste Zeit, auf See zu gehen. Das ist für mich Ersatz für Pistole und Kugel. … #ErsteSätze

Jack London: Nordlandgeschichten. Erzählungen.

Elf Tage lang war er der Fährte seines fliehenden Volkes gefolgt, und diese Verfolgung war selbst nichts anderes als eine Flucht gewesen. Denn hinter ihm kamen – das wußte er mit Sicherheit – die gefürchteten Russen. Sie schleppten sich mühselig durch das sumpfige Tiefland und über die schroffen Wasserscheiden und wurden nur von einem Gedanken geleitet: sein ganzes Volk zu vernichten. Er führte nur eine ganz leichte Ausrüstung mit sich. Ein Schlafsack aus Kaninchenfell, ein Vorderlader und einige Pfund an der Sonne gedörrter Lachs machten sein ganzes Gepäck aus. Er hätte sich über die Schnelligkeit gewundert, mit der ein ganzer Stamm – mit Frauen und Kindern und Greisen – wanderte, hätte er nicht gewußt, daß es der Schrecken war, der sie vorwärts trieb. … #ErsteSätze

Theodor Fontane: Cécile. Roman.

»Thale. Zweiter…«

»Letzter Wagen, mein Herr.«

Der ältere Herr, ein starker Fünfziger, an den sich dieser Bescheid gerichtet hatte, reichte seiner Dame den Arm und ging in langsamem Tempo, wie man eine Rekonvaleszentin führt, bis an das Ende des Zuges. Richtig, »Nach Thale« stand hier auf einer ausgehängten Tafel.

Es war einer von den neuen Waggons mit Treppenaufgang, und der mit besonderer Adrettheit gekleidete Herr: blauer Überrock, helles Beinkleid und Korallentuchnadel, wandte sich, als er das Waggontreppchen hinauf war, wieder um, um seiner Dame beim Einsteigen behülflich zu sein. … #ErsteSätze

Sonja Kowalewska: Die Nihilistin. Roman.

Ich war zweiundzwanzig Jahre alt, als ich mich in Petersburg niederließ. Drei Monate vorher hatte ich eine der ausländischen Universitäten absolvirt und war mit dem Doctordiplom in der Tasche nach Rußland, zurückgekehrt. Nach einem fünfjährigen, zurückgezogenen, beinahe völlig einsiedlerischen Leben in einem kleinen Universitätsstädtchen erfaßte mich auf einmal das Petersburger Leben wie ein Rausch. Für eine Zeitlang vergaß ich die Begriffe von analytischen Functionen, Raum, vier Dimensionen, die noch vor Kurzem meine ganze innere Welt erfüllten, und gab mich mit der ganzen Seele den neuen Interessen hin; ich machte links und rechts Bekanntschaften, bemühte mich in die verschiedensten Kreise einzudringen und verfolgte mit brennender Neugier die Erscheinungen dieses verwickelten, im Grunde so leeren, aber auf den ersten Blick so verlockend aussehenden Chaos, … #ErsteSätze

Gilbert Keith Chesterton: Der Mann, der Donnerstag war. Roman.

Der Vorort Saffron Park, der lag da hinaus, wo über London die Sonne unterzugehen pflegt. Und schaute auch grad so rot und genau so zerschlissen aus wie eine Wolke bei Sonnenuntergang. Durchweg aus knallrotem Backstein erbaut; von einer ganz schrullenhaften Silhouette und gleicherweise von einem überaus ungebärdigen Grundriß. Die Emanation eines spekulativen Baumeisters; eine dilettantische Vorspiegelung von Kunst; in einem Stil, der sich am liebsten – bald gotisch aus der Zeit der Königin Elizabeth und bald nach Queen Anne – nennen hörte . . . unter der Impression offenbar, daß diese beiden Herrscherinnen identisch wären . . . Saffron Park war mit einigem Recht als eine Künstlerkolonie verschrien, obschon hier niemals nach irgendeiner Richtung hin irgendwie Kunst produziert wurde. Jedennoch: waren Saffron Parks Prätentionen, ein geistig Zentrum darzustellen, … #ErsteSätze

Edgar Wallace: Der Mann von Marokko. Roman.

James Lexington Morlake, der von seinen Zinsen lebte und viele Titel hatte, wenn er sie auch selten führte, saß in seinem Arbeitszimmer.

Er schloß eine Schublade des schönen Rokokoschreibtisches auf und schaute nachdenklich in das Fach, das mit Stahl ausgeschlagen und durch vier Schließbolzen gesichert war. Dann nahm er langsam ein viereckig zusammengefaltetes, schwarzes Seidentuch, eine automatische Pistole und eine Lederrolle heraus. Er öffnete den Verschluß des Necessaires und breitete es auf seinem Schreibtisch aus. Es war aus dauerhaftem, feinem Seehundsfell gearbeitet, … #ErsteSätze

Reinhold Ortmann: Der Rechtsanwalt. Roman.

Dr. Paul Leonhardt war ein so gesuchter und vielbeschäftigter Rechtsanwalt, daß er nicht, gleich den meisten seiner Kollegen, durch die Rücksicht auf die Praxis gezwungen war, sein Bureau in einer der engen, luftarmen Geschäftsstraßen der Altstadt aufzuschlagen, sondern daß er seinen Klienten wohl zumuten durfte, sich behufs der unerläßlichen persönlichen Besprechungen in das vornehme Villenviertel hinauszubemühen, das während der letzten Jahrzehnte längs des Flusses entstanden war.

Da – in einer der ruhigsten und elegantesten Straßen – bewohnte er die beiden unteren Geschosse eines stattlichen, gartenumhegten Hauses, dessen zweites Stockwerk die Besitzerin, die hochbejahrte Witwe eines Landgerichtsdirektors innehatte. … #ErsteSätze

Friedrich Glauser: Augenblicke. Erzählungen.

Von der Bahnstation bis zur Abzweigung, die nach Waiblikon führte, war die Strasse noch asphaltiert, und Wachtmeister Studer fluchte nicht allzusehr, obwohl es vom Himmel schüttete und ein durchaus unangenehmer Herbstwind pfiff. Ausser dem Wetter störte den Wachtmeister einzig die »Rösti«, die seine Frau ihm am Morgen vorgesetzt hatte. Denn auf die »Rösti« am Morgen hielt er, der Wachtmeister Studer. Sein Vater, der im Emmental Bauer gewesen war, hatte sie am Morgen gegessen, sein Grossvater auch; warum sollte er eine Ausnahme machen? Aber dass man alt wurde, war eben eine Tatsache, die Verdauung funktionierte nicht mehr wie früher, man bekam Sodbrennen von der »Rösti«. … #ErsteSätze

Edgar Wallace: Die seltsame Gräfin. Roman.

Lois Margeritta Reddle saß auf der Kante ihres Bettes und hielt in der einen Hand eine große Tasse, in der anderen einen Brief. Die dicke Brotschnitte war zu dünn gestrichen, der Tee zu schwach aufgegossen und zu stark gezuckert, aber die Lektüre nahm Lois so in Anspruch, daß ihr diese kleinen Nachlässigkeiten ihrer Freundin Lizzy Smith nicht zum Bewußtsein kamen.

Eine goldene Krone schmückte den Briefbogen, und das starke, griffige Papier strömte einen leichten Duft aus.

307 Chester Square, London S.W. Die Gräfin von Moron hat mit Vergnügen die Nachricht erhalten, daß Miss Reddle ihre Stellung als Privatsekretärin am Montag, … #ErsteSätze

Marie Zedelius: Durch die Brandung. Novelle.

Das Casino, der abendliche Versammlungsort der Herren aus der höheren Gesellschaft, strahlte im Licht seiner Glaskronen und war bereits von Gästen ziemlich angefüllt. Während einige derselben in eifriger oder gemüthlicher Unterhaltung begriffen waren, andere sich den Spieltischen zuwandten, schlenderten verschiedene umher, indem sie sich zeitweilig dieser und jener Gruppe anschlossen, oder es damit genug sein ließen, daß sie die Versammlung so wie die Neueintretenden beobachteten. – … #ErsteSätze

Dora Duncker: Großstadt. Roman.

In einem geräumigen Zimmer, dessen Einrichtung so einfach war, dass sie beinahe an Armut grenzte, sassen zwei junge Mädchen in tiefer Trauerkleidung und ein Mann, der die Höhe der Sechzig erreicht haben mochte, um einen runden, mit einer blau und rot gewürfelten Decke bedeckten Tisch.

Von draussen schlug in kurzen Absätzen ein stössiger Nordost gegen die Fensterscheiben.

Am Himmel zogen graue, schwere Wolken einher und verdunkelten auf Augenblicke das kahle, unfreundliche Gemach. Man konnte dann nur noch die bleichen Gesichter der beiden Mädchen und die auf dem Fussboden verstreuten Blütenblätter von weissen Astern und hellfarbigen Rosen deutlich unterscheiden. … #ErsteSätze

Theodor Däubler: Der Marmorbruch. Erzählung.

Was war das für ein seltsamer, dichter Staub, der die Pinienstämme im Wald von Migliarino versilberte, als schiene der Mond? Wie ein metallisch glänzender Strom schlängelte sich die Straße durch die Sommernacht, und wenn ein Auto darauf vorüberglitt, brachen schwere, durchleuchtete Wolken flatternde Brandbänder ins Gebüsch und übersamteten mit ihren winzigen glitzernden Kristallen Pinienwedel und Brombeerhecken.

Mario Marin hielt sein Auto an; der Staub hatte die Scheinwerfer verschleiert und ihnen den klaren Blick genommen. Er stieg aus, putzte das Glas und wollte gerade wieder ans Steuerrad zurückkehren, als er im Licht seines Reflektors eine Gestalt erkannte, die stille zwischen den Stämmen stand. … #ErsteSätze

Joseph Smith Fletcher: Der Verschollene. Roman.

Das Hotel »Zum Kardinalshut« in Brychester gehört zu jenen Gaststätten, die man nur noch in den ältesten Städten Englands findet. Früher waren die großen Gasträume gefüllt, in den Ställen stampften die Pferde, und vor den Türen standen Postwagen und Reisefuhrwerke. Aber seit der Einführung der Eisenbahn verlor das Hotel an Bedeutung und führte nur noch ein Schattendasein.

An einem schönen Herbstnachmittag stand der alte Oberkellner, der wie ein ehrwürdiger Kirchendiener aussah, nachdenklich in der Haustür und sah die Straße hinunter. Auf der anderen Seite erhob sich der majestätische Turm der großen Kathedrale, in der früher einmal ein Bischof am Hauptaltar die Messe gelesen hatte. … #ErsteSätze

Olga Wohlbrück: Du sollst ein Mann sein! Roman.

Er wurde auf einem großen Amerikadampfer geboren, während eines heftigen Sturmes. Der Arzt übergab das Kind der Stewardeß, die sich kaum auf den Füßen halten konnte.

»Werft mich ins Wasser! Werft mich ins Wasser!« schrie die junge, blonde Wöchnerin.

»Aber es ist ja alles vorüber«, beruhigte der Arzt.

Bald war auch alles vorüber. Der Sturm legte sich. – Auch die Frau wurde still, ganz still – und gegen Abend war sie tot. Am nächsten Morgen versenkte man einen großen, zusammengenähten Sack ins Meer. … #ErsteSätze

Annie Hruschka: Das Haus des Sonderlings. Roman.

Die drei Linden, die der kleinen Wirtschaft des Herrn Sebastian Lagler den Namen gaben und seinen »Gastgarten« bildeten, waren über Nacht erblüht. Ihr Duft mischte sich mit dem Geruch frischgekochten Kaffees, den der Wirt eben eigenhändig zu dem einzigen Gast trug, der unter den Linden saß und behaglich die Stille des Morgens auf sich wirken ließ.

»Nicht wahr, Herr, das schmeckt,« fragte er dann nach einer Weile stolz lächelnd. »So ein unverfälschter Trank und in der frischen Luft heraußen!« … #ErsteSätze

Annie Hruschka: Das Geheimnis vom Brintnerhof. Roman.

»Nicht möglich. Wegen ein paar Kübel Kohlen fängt deine Schwiegertochter Streit an, Brintner?«

»Wie ich dir sage, Sonnenwirtin! Kohlen wären nicht ausbedungen im Kontrakt, den ich seinerzeit, als ich Haus und Hof dem Andres übergab, aufsetzen ließ. Als ob ich das nicht selbst wüßte! Als ob ich mir nicht jeden Herbst zwei Fuhren hätte einschaffen lassen! Aber, wenn es im April noch kalt ist wie im Jänner und mein Vorrat zu Ende ist, werde ich mir bei dem eigenen Sohn doch ein paar Kübel ausborgen dürfen! Hab’s der Magd ohnehin gesagt: Im Herbst gebe ich sie zurück! Aber nein. Bar zahlen hätte ich sie der Frau Schwiegertochter sollen! Und Andres – wie immer – ist gleich auf Justinas Seite. Wie sie sagt: ›Ja, wer weiß denn, ob der Herr Vater im Herbst noch lebt?‹ nickt er gleich: ›Freilich, freilich, wer kann das wissen?‹ … #ErsteSätze

Theodor Däubler: Die Göttin mit der Fackel. Roman.

Der Frühlingssturm raste durch den Berliner Tiergarten. Er jagte die Blätter des alten Jahres um die Wette mit den Automobilen über den Asphalt, klapperte heftig mit den Fahnenschnüren an dem Gesandtschaftspalais, riß ganz plötzlich in der Villa Schott ein Fenster auf und fuhr in den großen, offenen Reisekoffer hinein, der, schon halb gepackt, mitten in einem Zimmer stand. Dabei lüpfte er leichte Seidenwäsche heraus und wehte sie unsanft in die Ecken, wo sie nun, übel zerknäult, am Boden kreiselte.

Das kam davon, daß Lenchen, die Zofe, hereingekommen war und daß es Durchzug gegeben hatte. Starr vor Schreck blieb sie in der offenen Tür stehn. Aber der Wind kümmerte sich nicht um den Ausdruck tiefsten Tadels, der ihre wasserblauen, verschwommenen Äugelchen für einen Augenblick verhärtete; … #ErsteSätze

Korfiz Holm: Herz ist Trumpf. Roman.

Die Sonne lauerte durch den Spalt der lichtbunten Vorhänge an dem Mansardenfenster und warf einen Streifen über das Fußende der breiten Bettstatt aus polierten vierkantigen Messingstäben, über die gelbseidne Steppdecke und die großen Füße, die darunter hervorgeschloffen waren und sich neugierig im Zimmer umsahen, erlöst gleichsam aus der Abhängigkeit von dem sie sonst regierenden Kopfe, der indes droben, eine Backe ins Kissen gewühlt, offnen Mundes schnarchte, in einem traumlosen Schlafe, dahinein nicht einmal das Gespenst eines Gerichtsvollziehers Zutritt hatte.

Ob es nun davon herrührte, daß der Straßenbahnwagen, der gerade unten vorüberdröhnte, das ganze, schön modern gebaute Haus ins Wanken brachte, oder ob den Sonnenstrahl wirklich das Lachen ankam – jedenfalls schüttelte er sich ein weniges … #ErsteSätze

Ada Christen: Jungfer Mutter. Roman.

Die Geschichte, wie die Walter Hanni eine alte Jungfer geworden ist und warum sie von den Leuten in der Blauen Gans Jungfer Mutter genannt wurde, ist nicht so leicht und schnell zu erzählen, als man meinen könnte, daß sich ein armes kleines Leben erzählen läßt. Sie wundert sich heute noch, wenn man ihr sagt, daß sie viel erlebte, denn so eigentlich weiß sie nur, daß sie immer fleißig gearbeitet hat.

Sie ist vor der Zeit schneeweiß und alt geworden und hat nie eine andere Freude gehabt als ihr Kind.

Ihr Kind war der eheliche Sohn ihrer Jugendfreundin, der Weis Leni, welche sich längst Madame Madeleine Weis nennt. Der kleine Ziehsohn der Hanni wurde nach seinem Vater Leopold Weis getauft und wußte seit seinem zehnten Jahre, daß sein Vater sich ein Taschenmesser in das Herz stieß und zu Füßen seines wunderschönen Weibes starb. … #ErsteSätze

Lily Braun: Die Liebesbriefe der Marquise. Roman.

Wenn die alte Gräfin Laval, in ihren tiefen Lehnstuhl behaglich zurückgelehnt, ein heiter sinnendes Lächeln um die feinen Lippen, von Delphine Montjoie zu sprechen begann, so pflegte ihre strenge Tochter, mit einem vielsagenden Blick auf die Jugend im Zimmer, ein »aber Mamachen!« warnend dazwischen zu werfen. Sie unterbrach sich dann stets, eine zarte Röte überzog ihre Elfenbeinhaut – ob aus Ärger, ob aus Verlegenheit? –, und für den Rest des Abends blieb sie schweigsam.

Kam eine ihrer Enkeltöchter allein zu ihr, so bedurfte es keiner langen Bitten, und sie erzählte der gespannt Aufhorchenden von der Ahnfrau, die das Zaubermittel besessen hatte, alle Herzen an sich zu fesseln. Der lachende Geist des Rokoko – halb Liebesgott, halb Faun – hatte seine Schäferlieder an ihrer Wiege gesungen, das Heldenepos Napoleon hatte ihr Alter umbraust … #ErsteSätze

Marie von Ebner-Eschenbach: Die Totenwacht. Erzählung.

Es war am Ende eines kleinen Dorfes im Marchfeld, das letzte, das ärmlichste Haus. Seine niedrigen Lehmmauern schienen jeden Augenblick aus Scham über ihre Blöße und all ihre zutage gekommenen Gebrechen in sich zusammensinken zu wollen. Das schiefe Strohdach bot nur noch einen sehr mangelhaften Schutz gegen Hitze und Kälte, Sturm und Schnee. Die Eingangstür, die des Schlosses entbehrte, war mit Stricken an den verrosteten Angeln befestigt, klaffte von allen Seiten und hatte längst aufgehört, eine feste Schranke zu bilden zwischen der Straße und dem einzigen Wohnraume der Hütte. Durch eine seiner Fensterluken drang ein schwach flackernder Lichtschein in das Dunkel der Oktobernacht. Er ging von einer Talgkerze aus, die am Fußende eines Sarges brannte. Der Sarg stand noch offen auf einem Schragen mitten in der Stube, und in ihm ruhte die Leiche einer kleinen, alten Frau. Sorgfältig angetan, … #ErsteSätze

Jeanne Marni: Stille Existenzen. Roman.

Auf dem Kirchhof Montmartre. Es ist zehn Uhr morgens an einem ausnahmsweise regenfreien Junitage.

Madame Mael, 39 Jahre alt. Sie ist immer noch schön, trotz ihrer frühzeitig ergrauten Haare.

Madame d’Alysse, 35 Jahre, eine schlanke, hübsche Blondine mit harten, grauen Augen und einem eigensinnigen Zug um den Mund.

Beide Damm sind in tiefer Trauer, sie tragen große Sträuße von Rosen, Narzissen, Iris und Stiefmütterchen. Sie begegnen sich am Eingang des Friedhofs.

Madame Mael: »Sie hier? Und zu dieser Tageszeit?«

Madame d’Alysse: »Wie Sie sehen. – Guten Morgen, Liebste.« … #ErsteSätze

Hedwig Dohm: Werde die Du bist. Erzählung.

In der Irrenanstalt des Doktor Behrend, in der Nähe Berlins, machte eine alte Frau – sie mochte nah an sechzig sein – Aufsehen. Sie hatte feine, interessante Gesichtszüge, starkes graues Haar und große grünlich graue Augen. Niemals starrten diese Augen in’s Leere. Entweder schienen sie, erloschen für Außenwelt, innerlich etwas zu schauen, oder sie waren emporgerichtet, bald mit dem Ausdruck eines leidenschaftlichen, irrenden Suchens, bald mit Entzücken sich an einen Gegenstand festsaugend. Die Augen einer Seherin. Diese wundersamen Augen geben dem Kopf den Charakter einer jüngeren Frau.

Sie verhielt sich meist schweigsam. Zuweilen aber fing sie an zu reden, dann war es, als hielte sie Zwiesprache mit übernatürlichen Wesen. Unermeßliche Melancholie oder dithyrambische Verzückung atmeten ihre Worte. Sie sprach tiefsinnige und erhabene Gedanken aus … #ErsteSätze

Virginia Woolf: Orlando. Roman.

Er – denn es war kein Zweifel über sein Geschlecht möglich, wenn auch die Mode der Zeit bemüht schien, es unkenntlich zu machen – er also war damit beschäftigt, den vom Sparrenwerk herabbaumelnden Kopf eines Mohren säuberlich zu zersäbeln. Dieser Kopf hatte die Farbe und mehr oder weniger auch die Form eines alten Fußballs, wenn man von den eingetrockneten Wangen und ein paar Strähnen groben, dürren Haares absah, das den Fasern einer Kokosnuß glich. Orlandos Vater (vielleicht war es auch sein Großvater gewesen) hatte den Schädel von den Schultern eines gewaltigen Heiden heruntergeschlagen, der sich unter dem Mond der barbarischen Schlachtfelder Afrikas wider ihn erhoben hatte; und nun hing er in dem mächtigen Hause des Lords, der ihn abgehauen hatte, und schwang sacht schaukelnd und unablässig in der Brise, die ohne Unterlaß durch die Räume des Dachgeschosses strich. … #ErsteSätze